Donnerstag, 23. Juni 2011

Synthetische Schönheit - Bemerken wir noch die Unterschiede?

Wer Tron: Legacy mit wenigstens einigermaßen halbherzigem Interesse verfolgt hat, der weiß um die computergenerierte Version eines jungen Jeff Bridges. 20 Jahre gehen auch an Schauspielern nicht spurlos vorrüber und so entstand das Gesicht des alterslosen Clu-Programms vollständig am Computer, wo es später wie eine Maske aus Mission: Impossible dem Double übergezogen wurde. Etwas steril zwar, aber auf einen flüchtigen Blick schon sehr glaubhaft.
Das war gestern.
Die japanische Theaterband "AKB48" zeigte dieses Jahr hingegen, dass sich Tausende ihrer Fans in ein singendes, werbetreibendes Mitglied verliebt haben, das nicht aus Fleisch und Blut besteht.


Ich darf vorstellen, Eguchi Aimi. Sie ist eines der Mitglieder von AKB48, einer großen Truppe gecasteter Mädels, die in verschiedenen Teams zusammen auftreten. Eines dieser Teams hat Eguchi als Neuzugang dazubekommen. Seitdem ziert die asiatische Schönheit Poster, Titelseiten und tritt zusammen mit ihren sechs anderen, nicht minder süßen Teammitgliedern (sex sells, auch und gerade in Japan) in diesem Werbespot (via youtube) auf.

Natürlich wirken auf den ersten Blick für viele Europäer alle sieben Mädchen sowieso erstmal gleich. Letztlich darf man nicht vergessen, die Band wurde aus fast 8.000 Bewerberinnen gecastet, da darf man von den Produzenten schon erwarten, dass sie Gespür für ein in Nuancen diversifiziertes, im Ganzen aber homogenes Gruppenbild beweisen.

Guckt man sich die sieben Grazien mal auf einem Bild an, dann entdeckt natürlich auch der ungeübteste Betrachter ethnischer Merkmale die Unterschiede bei Augen, Nase, Kinn, Wangen, Stirn, usw. Sicherlich hat auch bei diesem Bild Photoshop einiges zur Makellosigkeit der Darsteller beigetragen, aber dennoch ließen (und lassen) sich viele Fans zu der Annahme verleiten, dass Eguchi (in der Mitte) auch ohne Make-up und digitale Retouche die perfekteste Mischung in dieser Band ist.

Womit sie nicht unrecht haben, wenn auch anders, als das so manchem geheuer wäre. Eguchi ist keine Photoshop-Montage, nein, aus dem Alter sind wir nun wirklich raus. Im Ernst, welcher Star lässt seine Fotos heute nicht von Pixelschubsern aufpolieren?
Dennoch ist Eguchi nicht echt. Sie ist eine vollständig am Computer erzeugte 3D-Puppe, die aus den unterschiedlichen Facetten der anderen Mädels zusammengesetzt wurde. Angesichts dieser Detailfülle und Realitätsnähe wirkt der neue Clu, als sei er dem originalen Tron von 1982 entsprungen.

Um zu begreifen, wie sehr der menschliche Verstand der Technik heute auf den Leim gehen kann, muss man sich unbedingt das Making-of Video anschauen, vorzugsweise im Vollbildmodus.


Wer sich jetzt sagt "so neu ist die Idee ja nicht", der irrt. Natürlich ist die "Idee" nicht neu und wir sind im Laufe der Jahre natürlich immer wieder Zeuge des Fortschritts von Fotorealismus und Animation geworden. Aber unzähligen Menschen so blank ein komplett erfundenes Bandmitglied in den Alltag unterzujubeln, das haben bisher nicht einmal großzügig budgetierte Hollywoodfilme geschafft. Angesichts der Tatsache, dass dafür auch "nur" 150 Gigabyte an Daten benötigt wurden, schnallen wir uns mal besser gut an und warten gespannt darauf, was uns hier in den nächsten Jahren noch alles begegnen mag.