Wie es scheint, sehen der Einführung der neuen Karte nicht nur die datenschutzkritischen Bürger entgegen. Wo sich der Einzelne noch Gedanken um den Verbleib seiner Identität im digitalen Nirvana macht, kommen auf die Kommunen auf der anderen Seite des Tresens ganz andere, greifbarere Probleme zu. Wie die Formel1-Strecke in Südkorea eine Woche vor dem Rennen gleichen auch die Bürgerbüros der Städte mehr einer Baustelle als einem praxistauglichen Konzept.
Die IT-Infrastruktur verdient bundesweit gesehen ihren Namen eigentlich nur mehr schlecht als recht, und so ist es offenbar kaum noch zu erwarten, dass die benötigten Terminals für die Ausweise rechtzeitig in die jeweiligen Systeme der Kommunen eingebunden werden. Schade eigentlich, wo ist der Requirements Engineer, wenn man ihn mal braucht? Etwas mehr Geld im Vorfeld für eine ordentliche Anforderungsanalyse in die Hand zu nehmen schadet jedenfalls weniger, als zwei Wochen vor geplantem Launch zugeben zu müssen, dass eigentlich nichts funktioniert.
Wer jetzt noch nicht überzeugt ist, ob der neue Ausweis eine so tolle Sache ist, der kann sich schonmal ein Lunchpaket schnüren, denn ab 1. November wird Schlange stehen zur Kür. Warum? Die Mitarbeiter können ohne funktionierende Software nur eingeschränkt geschult werden. Wegen der sensiblen Funktionen der Karte, muss jeder Empfänger umfassend informiert und aufgeklärt werden und am Ende gibt es zudem einen ganzen Berg an Unterschriften zu leisten.
Es wird daher mit einer Verdreifachung der Wartezeit allein für die Ausgabe einer solchen Karte gerechnet. Was vorher also nur knapp 10 Minuten dauerte, nimmt jetzt eine halbe Stunde in Anspruch. Sind zwei Personen vor einem, kann man demnach gerne eine Stunde lang die Wand angucken.
Sollte man aber ruhig mal in Kauf nehmen, wenn man seine Online-Formulare in Zukunft nicht mehr selbst ausfüllen will.
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