Ab heute startet sozusagen die Prolog-Phase für Google Streetview in Deutschland. Weil wir ja hierzulande alle so ungeheuer persönliche Hausfassaden haben, erdachten sich die Googleaner einen schicken Preview-Dienst, bei dem man Sehenswürdigkeiten, Bundesligastadien und sogar einen Ort, dessen Tourismusorga den eigenen Nutzen von Straßenaufnahmen erkannt hat, schon mal vorab begucken kann.
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Darin kann man auch gleich sehen, wie die Häuser, deren Eigentümer oder Mieter während des Sommers nichts besseres zu tun hatten, als sich vor schwarze Astras mit Kameraufbauten zu werfen, von Google verpixelt, bzw. mit Weichzeichner unkenntlich gemacht wurden.
Jetzt die Frage: wem ist denn damit geholfen und was bezwecken die Bewohner in der Bürgermeister-Hertlein-Straße eigentlich?
Vielfach in den Äther geblasene Argumente sind "Die einzigartigen Merkmale seien personenbezogenen Daten zuzurechnen." Entschuldigung, aber bilde ich mir das ein, oder sieht das Haus rechts daneben ganz genauso aus? Da war doch eindeutig die gleiche Firma am Werk und die jetzigen Eigentümer haben ihr Häusle schlüsselfertig übernommen.
Oder auch gut: "Streetview bietet Kriminellen eine virtuelle Landkarte zur Planung ihrer Vorhaben." Offenbar wird hier Einbruchstourismus befürchtet, weil ortsansässige Kriminelle in der Regel eigentlich ganz gut in der Lage sind, selbst mal am Objekt der Begierde vorbeizufahren. Im Gegenteil: Dank der populären "Dagegen"-Einstellung der Bewohner muss man sich jetzt doch beim durchklicken der Bilder erst recht fragen "Was gabs da vorher zu sehen? Was soll keiner wissen? Ist dort das Bernsteinzimmer und die Gardinen waren gerade zurückgezogen?"
Anstatt eine Landschaft eine Landschaft sein zu lassen, zieht man mit aller Macht die Aufmerksamkeit auf sich, und ich gehe jede Wette ein, darin wohnen Leute, die während der Arbeitszeit "Endlich Mittagspause" twittern oder in ihre Facebook-Galerie Urlaubsfotos mit der Überschrift "Da waren wir heute, morgen gehts auf Boots-Tour" einstellen. Das sind nämlich keine personenbezogenen Daten und Kriminelle können mit sowas ja wohl schwerlich etwas anfangen.
Am meisten irritiert mich aber nach wie vor die Einspruchsmöglichkeit für Mieter. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: weil ein Mieter seine preisgekrönten Balkon-Begonien nicht im Internet sehen möchte, legt er Widerspruch ein und fortan werden alle anderen Parteien im Haus mitverpixelt!
Der kann da nächsten Monat schonwieder ausziehen, das Bild bleibt schwammig.
Als Eigentümer hätte ich doch wohl sicher ein berechtigtes Interesse daran, die Streetview-Bilder für potentielle neue Mieter nutzen zu können. Oder der Eigentümer möchte die Immobilie verkaufen. Keine Chance, weil Karl-Heinz Müller im Sommer 2010 zweimal morgens zu oft die Bild-Zeitung aufgeschlagen hat und sich dachte, "Da widerspreche ich erstmal!".
Wir sollten also eine Hausentpixler-Plattform schaffen. Schließlich scheint ja jeder ein Anrecht darauf zu haben, wie mit seinen Daten verfahren wird, und ich möchte künftigen Nachmietern gerne eine Landschaftsaufnahme bieten, bevor sie durch den Landkreis reisen, um sich die Wohnung anzugucken.
Noch wer?
Edit:
Das ging schneller, als ich dachte. Dank an Malde :)
Siehe hier: http://streetview.mixxt.de/